In Kolumbien ist keine Prüfung vorgeschrieben, um den Führerschein zu erhalten. Seit einigen Jahren ist es zwar Pflicht, Fahrstunden zu nehmen, aber jede Fahrschule macht ihr eigenes Ding. Viele Fahrschulen nehmen auch gerne das Geld und stellen die Papiere aus, ohne jemals eine einzige Fahrstunde zu geben, und viele Kunden nehmen gern diese Abkürzung.
Die meisten Kolumbianer aus meinem Bekanntenkreis sind der Überzeugung, das Tempolimit in Kolumbien liege bei 100 km/h bei vierspurigen Strecken mit Grünstreifen. Das scheint aber nicht zu stimmen, obwohl es niemand so genau weiß:
Vorgestern wurde von ElTiempo.com der General Carlos Ramiro Mena (director de Tránsito y Transporte de la Policía) interviewt. Er geht davon aus, dass es nirgends in Kolumbien erlaubt sei, schneller als 80 km/h zu fahren. Für gut ausgebaute vierspurige Strecken schlägt er eine Anhebung des Tempolimits auf 100 km/h vor.
Gestern wurde von der gleichen Zeitung José Clopatofsky (director de revista 'Motor') interviewt. Er sagt dass das Gesetz "Ley 1239" von 2008 (!) das Tempolimit klar auf 120 km/h gesetzt hat. Das Verkehrsministerium würde sich aber seit Uribe und auch unter Santos nur um öffentliche Bauprojekte kümmern und den Verkehr ignorieren. Das Ministerium müsste die Straßen analysieren um festzulegen, wo keine 120 km/h erlaubt sind, eine Aufgabe, welche das Ministerium wohl nicht zu erfüllen beabsichtigt. Stattdessen stelle jeder Dorfbürgermeister zehn Kameras auf und lege unnötige Tempolimits von 20 km/h fest, um die Autofahrer abzukassieren. Die Polizei nutze das totale Chaos aus, um ihrerseits abzukassieren.
Laut Clopatofsky ergibt sich das Tempolimit aus den Beschaffenheiten einer Strecke. Die Beschilderung sei aber im ganzen Land unsinnig: Auf der gleichen Strecke können sich Limits von 80 km/h und 30 km/h ohne erkennbaren Grund nacheinander befinden. Bis ein Autofahrer das Schild "Vorsicht Schule" erkannt hat, liegt das Kind schon unterm Auto.
Zum Thema Führerscheinprüfung sagt Clopatofsky, es könne nicht sein, dass Führerscheine ausgestellt würden so wie man Limonade an einer Straßenecke verkauft und sozusagen zusammen mit der Stromrechnung überreicht würden. Diesbezüglich wirft er dem Verkehrsministerium "absolute Fahrlässigkeit und totale Verantwortungslosigkeit" vor.