Faule Kolumbianer ?!

Faule Kolumbianer ?!

Beitragvon Matthias » 09 Mai 2013, 14:38

hier mal wieder eine geschichte aus der praxis:
ich wollte im märz/april freiberufliche mitarbeiter einstellen, die meine firma promoten. grundlage des vertrages waren ein fixum sowie eine provision mit der man monatlich auf etwa 2 mio pesos kommen kann.

von etwa 60 bewerbern habe ich 18 eingeladen, von denen jeweils nur 8 kamen. allein das ist schon eine sahnehäubchen an sich. denn für eine deutsch-kolumbianische firma zu arbeiten, sollte schon ein reiz an sich sein.

von den 8 bewerbern haben dann am ende 4 unterschrieben. einige haben noch extra-wünsche gestellt, wie neue sim-karte für kundenanrufe, etc. gesagt getan, ich habs gemacht.

nach 4 wochen "arbeit" hat nicht 1 auch nur 1 kunden gewonnen. natürlich habe ich leute gleich entlassen bzw. den vertrag gekündigt. aber als ob das nicht noch alles wäre, hat einer von denen mich auch noch beim ministerium für arbeit angezeigt, weil er meine, ich müsste ihm noch krankenversicherung zahlen. was für ein scherzbold! bisher ist nichts in dieser hinsicht gekommen.

aber nach meinen ohnehin schon schlechten erfahrungen mit (auch dtsch.) kunden, behörden, und jetzt immer zunehmenderer rückreise- und einwanderungswelle von ex-kolumbianern und europäern, frage ich mich allen ernstes, ob eine existenzgründung hier noch sinn macht.

kolumbien ist mehr mittelalter als ich dachte. und die leute sind super unmotiviert und denken nicht langfristig. die mehrheit zieht es anscheinend vor "minuten" zu verkaufen, da hat man am abend halt was "in der tasche", statt langfristig zu denken.

was meint ihr dazu?
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Re: Faule Kolumbianer ?!

Beitragvon Refajo » 09 Mai 2013, 17:26

Meine Meinung dazu ist: Klar gibt es in Kolumbien auch schlechte Menschen, obwohl sie nach meiner Erfahrung nicht die Mehrheit darstellen. Bogotá ist jedoch so groß, dass ich von Anfang an nur Kontakte zu fähigen Personen gesucht und merkwürdige Personen sofort fallen gelassen habe. In einem Dorf mag so etwas schwieriger sein, weil der Arbeitsmarkt einfach kleiner und teilweise auch die Mentalität rückständiger ist.

Langfristiges Denken gibt es natürlich. Von den Millionen neuen Wohnungen bezahlt die Mehrheit der Besitzer über 15 Jahre jeden Monat die Rate ihres Kredites zurück. Da kann ich kein fehlendes langfristiges Denken erkennen. Dass die meisten der von dir erwähnten Straßenverkäufer nicht soweit denken, ist schon klar, aber aus dieser Gruppe wirst du doch nicht deine freien Mitarbeiter rekrutieren?
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Beitragvon Marco » 09 Mai 2013, 21:19

Bevor ich dir sage, was ich dazu meine, erst mal eine kleine geschichte aus Cartagena, deutscher restaurantbesitzer sucht eine Koechin, er findet eine, nach drei Tagen ist sie wieder weg (oder frueher) und so weiter.

da ich den kenne, weiss ich: der Fehler/die unfaehigkeit liegt bei ihm. Er kann nicht erklaeren, er kann nicht fuehren, er kann nicht loben - nichts kann er (ausser halt selber kochen, was er ja dann immer auch tun muss).

@Matthias: Wenn nach 4 Wochen Arbeit keiner der von dir hoechstpersoenlich, nach vorausgegangenem ausfuehrlichen Sondierungsgespraech, eingestellten Mitarbeiter auch nur einen einzigen Kunden gewonnen hat - ja, bei wem liegt denn dann was im Argen?
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Re: Faule Kolumbianer ?!

Beitragvon Matthias » 10 Mai 2013, 10:32

@Matthias: Wenn nach 4 Wochen Arbeit keiner der von dir hoechstpersoenlich, nach vorausgegangenem ausfuehrlichen Sondierungsgespraech, eingestellten Mitarbeiter auch nur einen einzigen Kunden gewonnen hat - ja, bei wem liegt denn dann was im Argen?

@marco
das kann ich dir erklären:
da es ein freiberufler-vertrag war , zogen die herrschaften es vor, andere tätigkeiten nebenbei auszuführen, die "kurzfristig" schneller geld bringen. zu wöchentlichen capacitaciones/informationsaustausch, sind 3 von 4 garnicht erst erschienen. wie soll man da führen und ausbilden? der kolumbianer (oder die, die ich kennen gelernt habe in diesem bereich) kann einfach nicht mit leistungsdruck und umsatz-/zielvorgaben umgehen. mein angebot, sie zu kundenterminen zu begleiten, haben sie auch nicht angenommen. das versteht man doch auch unter führen, oder? zudem: selbstständiges handeln, eigeninitiative, sind doch der sinn eines freiberufler-vertrages, oder nicht?

loben ist ja schön und gut. aber es muss auch eine leistung da sein, die gelobt werden kann.

fazit: bevor ich jemals auch nur 1 kolumbianer fest anstelle, mit krankenversicherung und anderen verpflichtungen, prüfe ich natürlich vorher, ob er geeignet und motiviert ist. das ging in diesem fall voll daneben - obwohl alle in ihren lebensläufen entsprechende arbeitsstellen und positionen vorher inne hatten.
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Re: Faule Kolumbianer ?!

Beitragvon Refajo » 10 Mai 2013, 10:42

Die feste Anstellung ist in Kolumbien die Ausnahme. Die Regel sind Selbständig- und vor allem Scheinselbständigkeit, bei welcher der Arbeitnehmer alle Sozialkosten tragen muss. (Fairerweise muss ich zugeben, dass dafür als Teilausgleich oftmals auch ein etwas höherer Lohn gezahlt wird.) Insofern braucht Matthias da kein schlechtes Gewissen zu haben, weil es legal und gängige Praxis ist. Meine Frau muss als "independiente" mindestens acht Stunden am Tag im Büro sein und muss ihre Sozialbeiträge aus eigener Tasche zahlen. Dagegen kann man bei Matthias' Mitarbeitern wirklich von "freier" Mitarbeit sprechen.
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