So funktionieren kolumbianische Arbeitswelt und Korruption

[Refajo]

Meine Frau hat am Freitag vor dem Computer gesessen und mitgefiebert, ob sie ihren Job behalten darf oder arbeitslos wird. Das ist spannender als ein WM-Finale.

Hintergrund ist dass meine Frau in der Verwaltung einer öffentlichen Uni arbeitet und der Rektor zur Wiederwahl stand bzw. Gegenkandidaten zur Wahl standen. Verschiedene Politiker nehmen dabei Einfluss ebenso wie deren Kontakte zu den beiden Familien, die die großen Medien Caracol und RCN besitzen und kontrollieren.

Wenn in Kolumbien in einer öffentlichen Institution der Chef wechselt, dann wechselt das ganze Personal. Der neue Chef besetzt die wichtigen Positionen mit seinen Verwandten und Freunden, welche wiederum die unteren Positionen mit ihren Verwandten und Freunden besetzen usw.

Ich war erstaunt, wie gut meine Frau informiert war. So wusste sie z.B. von Gegnern der Wiederwahl, dass am Dienstag ein weiterer "Skandal" von Caracol aufgedeckt werden würde. Und so geschah es dann auch: Es ging um Immobilien im Wert von mehreren tausend Millionen Pesos. RCN berichtete nichts, weil deren Inhaber mit dem aktuellen Rektor und seinen Politikern befreundet sind.

Wider Erwarten hat es doch für die Wiederwahl gereicht. Große Erleichterung im Büro meiner Frau! Der nächste Jahresvertrag im Januar scheint gesichert. Die große Gegenkandidatin innerhalb der Uni sowie deren Unterstützer werden demnächst unter falschem Vorwand gekündigt werden.

Noch am gleichen Tag kündigte das Bildungsministerium eine Klage gegen die Wiederwahl des Rektors an. Aber bis über diese Klage entschieden wird, dürfte die vierjährige Amtszeit des Rektors vorbei sein.

Hintergrund: Wer die wichtigen Positionen in einer öffentlichen Einrichtung besetzt, kann Millionen Gelder entwenden – meist unentdeckt und ungestraft.

[Refajo]

Am Tag nach der Wiederwahl des Rektors hat das Bildungsministerium die Wahl für ungültig erklärt. Das hätte man natürlich nicht gemacht, wenn der eigene Kandidat gewonnen hätte. Offizielle Begründung ist, dass die Besetzung des Postens nicht in einer bestimmten staatlichen "revista" ausgeschrieben gewesen sei. Daran hat sich das Ministerium allerdings in der Vergangenheit bei dieser und anderen öffentlichen Unis nicht gestört. Ich gehe davon aus, dass die Wahl wiederholt werden muss, der alte Rektor dann aber erneut gute Chancen auf eine Wiederwahl haben wird.

[Gado]

[Refajo]

Die Behörde hätte den Formfehler schon lange vor der Wahl beanstanden können, aber man wollte wohl abwarten, ob der bevorzugte "eigene" Kandidat gewinnt. Dann hätte man großzügig über den Fehler hinweggesehen.

Nachvollziehbar fände ich, wenn eine außenstehende, für das Rektorenamt qualifizierte Person geklagt hätte, dass sie sich mangels öffentlicher Ausschreibung nicht rechtzeitig auf da Amt bewerben konnte.

Die Bildungsministerin hingegen lässt mit ihrem Verhalten erkennen, dass sie genauso sehr eigene Interessen verfolgt wie die Universität selber.

[Gado]

[Refajo]

Die Regierung hat jetzt ein Gesetz durchgebracht, das es ermöglicht, Rektoren öffentlicher Unis nur auf Verdacht hin absetzen zu können. Ob sich dagegen noch Protest regt bei den Studenten, ist unklar. Der Zeitpunkt jetzt zum Ferienbeginn ist aus Regierungssicht günstig.

Die Tage des Rektors an der Uni meiner Frau sind damit gezählt. In einem Rundschreiben hat die Personalabteilung bereits bekannt gegeben, dass ab Januar keine Verträge mehr erneuert werden. Da die übergroße Mehrheit der Angestellten illegalerweise als Selbständige mit Jahresverträgen geführt werden, hat jetzt das große Suchen nach anderen Arbeitsplätzen begonnen. Ein tolles Geschenk pünktlich zu Weihnachten: Arbeitslos in zehn Tagen. Alles legal auf dem Papier.

(Meine Frau hat noch länger Zeit, eine neue Arbeit zu suchen, da sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Jahresvertrag im Mai verlängert hat und somit noch bis April zumindest einen rechtlichen Anspruch auf Bezahlung hat.)

Es erwischt aber nicht nur die Akademiker: Gärtner und Putzfrau waren heute in Tränen aufgelöst, weil sie die Kündigung erhalten haben. Wozu ein neuer Rektor eine neue Putzfrau braucht, ist mir allerdings schleierhaft. Offiziell wurden diese Kündigungen mit "Sparzwang" begründet.

[Gado]

[cosmopolita]

Vielleicht passt dieser Artikel der Zeitung Semana auch irgendwie zum Thema, persoenlich moechte ich mich gar nicht mehr dazu aeussern, soll sich jeder seine Gedanken dazu machen, besonders hinsichtlich Qualitaet der Ausbildung.


.......el Consejo de Estado falló en junio contra del nombramiento de 40 docentes de la Uniamazonia. Estos se adelantaron mediante convocatorias amañadas que dejaron al descubierto que varios de ellos ni siquiera eran profesionales.......

http://www.semana.com/nacion/articulo/u ... r/411398-3

[Arepa]

Im grossen und ganzen besteht die Arbeitswelt in Kolumbien aus befristeten Arbeitsvertraegen, cirka 10 bis 11 Monate Laufzeit, (Amerikanisches System?) wenn einer glueck hat wird er verlaengert, wenn nicht, ohne Begruendung, hat die Person ein Problem, sozial und finanziell.
Mein Schwager, studierter Oekonom, hat schon zweimal seinen Arbeitsplatz verloren, Vertrag wurde nach drei und vier Jahren nicht verlaengert.
Wenn man dann Familie hat, zwei Kinder die noch zur Schule gehen, Kosten fuer die Wohnung, Wasser, Strom. Gas, Administration, dann beginnen die Probleme.
Er hat, Gott sei Dank, immer schnell wieder eine Arbeit gefunden, ist momentan bei der Regierung beschaeftigt, Vorteil, auch in der Quarantaene laeuft das Gehalt voll weiter.