Eltiempo.com berichtet, Gustavo Petro, früherer Bürgermeister von Bogotá, habe gegen Claudia López, amtierende Bürgermeisterin von Bogotá, den Erlass einer Tutela beantragt. López habe gesagt, vandalistische Akte seien gefördert worden, „um Politik zu machen“. Konkret habe sie gesagt: „Ich möchte betonen, dass diese Radikalisierung junger Menschen, die von Senatoren wie Gustavo Bolívar und anderen politischen Akteuren des Petrismo offen gefördert wird, absolut unverantwortlich ist“.
Petro forderte López vergeblich auf, ihre Erklärung zurückzuziehen, da es keine Anschuldigungen (denuncia) oder Gerichtsurteile gebe, die seine Anhänger für diese Ereignisse verantwortlich machen würden. Petro sieht seine verfassungsmäßigen Rechte auf Menschenwürde, guten Ruf, Ehre, Unschuldsvermutung und Nichtdiskriminierung aus politischen Gründen verletzt.
López verteidigt sich damit, dass sie sich auf Gustavo Bolívar und nicht auf Petro bezogen habe. An Petro gewandt, formulierte sie: „In meinen Aussagen gibt es keinen persönlichen und direkten Bezug zu Ihnen oder zu Ihrer Organisation oder politischen Bewegung Colombia Humana“. Sie wies darauf hin, dass der Bezug auf Bolívar weder falsch sei noch sich auf Tatsachen mit kriminellem Hintergrund beziehe.
https://www.eltiempo.com/justicia/servi ... smo-619783
López’ Verteidigung ist schwach. Wenn sie von “otros actores políticos del petrismo“ spricht, meint sie natürlich Petro persönlich. Denn Petrismo und die Person Petro sind untrennbar miteinander verbunden. Dennoch messe ich dem Antrag auf Erlass einer Tutela gegen López wenig Erfolgsaussichten bei. Denn López kann sich auf die in Artikel 20 der Verfassung garantierte Meinungsfreiheit berufen. Die Bestimmung beginnt folgendermaßen:
Se garantiza a toda persona la libertad de expresar y difundir su pensamiento y opiniones…
http://wsp.presidencia.gov.co/Normativa ... 8a740c15a9
Die Meinungsfreiheit wird auch in Artikel 5 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes garantiert. Meinungen sind Werturteile, aber auch Tatsachenbehauptungen, wenn sie Voraussetzungen für die Bildung von Meinungen sind. Im Zweifel ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Werturteil anzunehmen (Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 GG Rn. 5 - 8). Im politischen Meinungskampf, insbesondere im Wahlkampf, sind kritische Äußerungen und vergröbernde Vereinfachungen zulässig (Jarass, a.a.O., Rn. 86). Petro und López befinden sich im politischen Meinungskampf. Beide streben das Amt des Staatspräsidenten an. López hat in der beanstandeten Passage deutlich gesagt, es sei darum gegangen, „Politik zu machen“ und auch von politischen Akteuren gesprochen. Gerichte dürfen hier nicht Partei ergreifen, indem sie der einen oder anderen Meinung den Vorzug geben.