Uribe gegen Santos: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

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Uribe gegen Santos: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

Beitragvon Gado » 18 Jan 2013, 03:58

NoticiasCaracol berichtet am 15.1.2013 in einem mehr als sechsminütigen Video über die Anschuldigungen, die Ex-Präsident Uribe und Präsident Santos gegenseitig erheben. Unter anderem geht es darum, wer für den unglücklichen Ausgang des Verfahrens vor dem Internationalen Gerichtshof verantwortlich ist. Im Zuge dieser Auseinandersetzung hat Uribe seinen Nachfolger als „canalla“ (Schurke, Schuft) bezeichnet. In einem Interview, das bei NoticiasCaracol im Internet zu lesen ist, wird Uribe unter der Überschrift „Sobre insultos“ mit folgenden rechtfertigenden Worten zitiert:

„La peor exageración, el peor insulto a la opinión publica es mentir“.

Es ist nicht ganz deutlich, was Uribe damit sagen will. Er kann meinen, dass Santos gelogen und deshalb die Bezeichnung „canalla“ verdient habe. Er kann auch meinen, dass er (Uribe) mit der Bezeichnung „canalla“ nicht gelogen habe und sie deshalb gerechtfertigt sei. Gleich wie die Bemerkung Uribes gemeint ist, überzeugt sie mich nicht. Allein schon die abwertende Bezeichnung seines Amtsnachfolgers als „canalla“ ist beleidigend. Ich darf zum Beispiel niemanden „Arschloch“ nennen, auch wenn ich den Betreffenden der Lüge bezichtige und noch hinzufüge, dass ich mit meiner Wortwahl aber keineswegs eine Beleidigung aussprechen würde. Es bleibt eine Beleidigung.
Ich meine, dass Uribe sich gehörig im Ton vergriffen hat.

Ein Amtsvorgänger, insbesondere wenn es sich um einen Elder Statesman handelt, darf durchaus zu politischen Fragen Stellung nehmen. So tut es Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt regelmäßig. Er äußert sich allerdings nur zu allgemeinen (wirtschafts-)politischen Grundsatzfragen. Antworten auf Fragen, welche die Tagespolitik betreffen, lehnt er konsequent ab. Es ist unvorstellbar, dass Helmut Schmidt seinen unmittelbaren Amtsnachfolger Helmut Kohl oder Angela Merkel (beide Nachfolger aus dem gegnerischen politischen Lager) als „canalla“, also Schurke oder Schuft bezeichnen würde.
Zuletzt geändert von Refajo am 13 Feb 2013, 16:35, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Überschrift erweitert um die Worte "Uribe gegen Santos:"
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Re: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

Beitragvon Refajo » 18 Jan 2013, 09:05

Uribe hat in seinen acht Jahren als Präsident genau ein Verdienst errungen: Die militárische Reduzierung der Guerilla und damit erhöhte Sicherheit in vielen Gebieten. Dafür gehr er in die kolumbianische Geschichte ein.

Alles andere an und von Uribe ist ein Trauerspiel. Er hat kein Benehmen und kennt keine Diplomatie.

Die Beleidigungen von Uribe gegen Santos haben nun schon Tradition. Uribe dachte wohl, er könne über Santos weiterregieren, so wie das Putin mit Medvedev gemacht hat. Als klar wurde, dass Santos lieber selber regieren will, wurde er zu Uribes Feind. Santos kann überhaupt nichts dagegen machen, Uribe spinnt einfach.

Abgesehen davon war Uribe ein total unfähiger Präsident. Nach seinen eigenen Angaben hat er in acht Jahren nicht mitbekommen, wie ihm Milität und Geheimdienst auf der Nase herumgetanzt sind. Das Militär hat tausende von Zivilisten ermordet und in Guerilla-Uniformen gesteckt, während der Geheimdienst die Opposition und Journalisten ausspionierte.

Ein Alt-Präsident, der andere Politiker öffentlich als "Schurken" oder "Gesindel" beleidigt, treibt vor allem eines voran: Seine eigene Demontage.
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Re: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

Beitragvon makopp5 » 19 Jan 2013, 09:04

Uribe nur auf die Verringerung der Guerilla zu reduzieren ist nicht richtig. Er hat viel mehr gemacht. Unter ihm wurden viele Millonen zusätzlich über Sisben krankenversichert, die wirtschaftlichen Grundlagen wurden Deut
Ich verbessert, viele Sozialwohnungen wurden gebaut, als er an die Rgierung kam, gab es gerade 84 km doppelspurige Lamdstrassen, heute sind es über 1000 km, el reformierte Telekom, Kreditwürdigkeit wurde deutlich verbessert, die Staatsfinanzen verbessert, das Steuersystem wurde reformiert mit besseren Kontrollen und Systematisierung, Rechtssicherheit für Investitionen, Entwaffnungsprozess mit den Paras, er wärmer erste Präsident, der sehr stark gegen die Paras vorgegangen ist und vieles mehr. Klar es ist nicht alles gut gelaufen, aber wenn man eine Gesamtbilanz von der Regierung Uribes zieht, dann haben sich die Bedingungen für eine Mehrheit in Kolumbien verbessert. Ohne Uribes Vorarbeit wuerde es keinen Santos geben, der sich jetzt auch in den Erfolgen, die durch Uribe erreicht hat Sonnen kann. Der Friedensprozess war auch nur durch die Vorarbeit von Uribe möglich.

Vor Uribe gab es z.B. fast keine Prozesse gegen Politiker, die mit Terroristen zusammengearbeitet haben, oder dass hohe Militärs auf der Anklagebank saßen etc.

Zu dem Streit zwischen Uribe und Santos gab es gestern ein Umfrage in wradio.com.co bei welchem 33% Uribe recht gaben und 30% Santos. Es wurde auch eine hypothetische Frage gestellt, wen würden sie wählen, wenn es eine Praesidentschatswahl geben würde zwischen Uribe und Santos. 42% Uribe und etwas weniger als 33% Santos.
http://www.wradio.com.co/noticias/actua ... 26594.aspx

Ob man mit der Ausdrucksweise von Uribe einverstanden ist oder nicht sei dahingestellt. Santos hat sich in einigen Punkten um 180 Grad gedreht zu der Zeit als er Verteidigungsminister war. Z.B. Die Behauptung, dass es die Campamentos der Guerilla in Venezuela nicht mehr gibt, die es unter Uribe noch gab.
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Re: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

Beitragvon Refajo » 19 Jan 2013, 13:54

Kommt auf den Blickwinkel an. Zumindest hat Uribe sein Wahlversprechen, hart gegen die Guerilla vorzugehen, eingelöst.

Bei beiden, Uribe und Santos, kann ich leider keine Ansätze erkennen, die (für mich) beiden Hauptprobleme des Landes anzugehen: Bildung und Polizei. Beides funktioniert nicht annâhernd zufriedenstellend und ist Nâhrboden für eine Reihe anderer Probleme.

Die ausländischen Investitionen sind gut, aber wenn der Grossteil der Bevölkerung gerade mal so eben Lesen und Schreiben kann, wird das alles auf dem Niveau eines Billiglohnlandes bleiben. Die Chinesen haben zwar auch keine gute Allgemeinbildung und Ausbildung - dafür sind sie aber billiger.
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Re: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

Beitragvon Gaia » 22 Jan 2013, 03:11

Uribe hat auch gutes sachen gemacht. Aber jetzt ist er verückt. Er hat schon "El Partido de la U", seine eigene Partei, und jetzt will er wieder eine neue Partei machen:

http://www.elcolombiano.com/BancoConoci ... artido.asp
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Re: Ist Präsident Santos ein „Canalla“?

Beitragvon Refajo » 13 Feb 2013, 16:32

Auch im Ausland kommen die Ausraster von Ex-Präsident Uribe an. Der ecuadorianische Präsident Correa sagte in einem Interview, wenn er die Macht abgibt, will er nicht so wie Uribe enden:

Correa dice que no quiere ser como Uribe cuando deje el poder
http://www.elespectador.com/noticias/el ... e-el-poder
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