Día de la Raza - verfassungsgemäß?

[Gado]

Zusammenfassung für den eiligen Leser:

Am 12. Oktober feiert Kolumbien den Dia de la Raza y la Hispanidad. Nach der kolumbianischen Verfassung ist discriminación por razon de la raza verboten. Die Verwendung des Wortes "raza" bei der Benennung des Feiertags ist unbedenklich, weil die Verfassung selbst diesen Begriff gebraucht. Der Feiertag braucht nicht abgeschafft zu werden, weil er an die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus am 12. Oktober 1492 erinnert. Die indigene Bevölkerung hat keinen Anspruch auf einen eigenen landesweiten Feiertag. Der Feiertag braucht auch nicht umbenannt zu werden. Erforderlich ist allerdings, dass der Tag ohne discriminación einer bestimmten Rasse multikulturell begangen wird.



Kolumbien hat wie andere amerikanische Länder am 12. Oktober einen Feiertag. Das verwundert mich nicht. Denn Kolumbus hat am 12. Oktober 1492 Amerika entdeckt. Verwundert hat mich aber, dass man diesen Feiertag in Kolumbien gemeinhin "Día de la Raza" nennt. Das wirft Fragen - auch rechtlicher Art - auf.


1. Verwendung des Wortes "raza" = „Rasse“

Unter dem Eindruck der Diskussion über Political Correctness stellt sich die Frage, ob die Verwendung des Wortes "raza" = „Rasse“ für einen staatlichen Feiertag akzeptabel ist. Die Frage ist zu bejahen. Denn sowohl die kolumbianische als auch die deutsche Verfassung verwenden in ihrer aktuellen Fassung das Wort "raza" = „Rasse“.

In Título 1, Capítulo 1, Artículo 13 der Constitución Política de Colombia heißt es, dass "ninguna discriminación por razones de sexo, raza, origen nacional o familiar, lengua, religión, opinión política o filosófica" erlaubt ist.

http://www.constitucioncolombia.com/titulo-2/capitulo-1

Gleichermaßen steht in Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes, dass niemand „wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf.

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_3.html

Das Wort "raza" = „Rasse“ gehört also zum offiziell geltenden Sprachgebrauch.


2. Día de la Raza als Feiertag eine discriminación?

Wenn somit die Verwendung des Wortes "raza" als solche keine verbotene Diskriminierung darstellt, stellt sich doch die Frage, ob die Feier eines día de la raza für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe eine discriminación darstellt. Um dies beurteilen zu können, muss die Historie dieses Tages betrachtet werden:

Die Namensgebung stammt vom spanischen Präsidenten der Unión Ibero-Americana und sollte am Tag der Entdeckung Amerikas die bestehende intimidad espiritual (Seelenverwandtschaft) zwischen Spanien und Lateinamerika zum Ausdruck bringen. Im Jahr 1914 nannte die Union den Tag "Fiesta da la Raza Española", ab 1915 "Día de la Raza". Diese Bezeichnung bürgerte sich ab 1918 auch in Spanien ein. Seit 1958 wird der Tag in Spanien offiziell "Día de la Hispanidad" genannt.

In Kolumbien heißt der 12. Oktober als nationaler Feiertag seit einem Gesetz aus dem Jahr 1939 offiziell "Día de la Raza y la Hispanidad".

Einige lateinamerikanische Länder haben in neuer Zeit den 12. Oktober als Feiertag abgeschafft oder umbenannt. Dies zeigt folgende unvollständige Auswahl:

Kuba hat den Feiertag abgeschafft.
Argentinien feiert den Día del Respeto a la Diversidad Cultural.
Chile feiert den Día del Descubrimiento de Dos Mundos.
Ecuador feiert den Día de la Interculturalidad y la Plurinacionalidad.
Nicaragua und Venezuela feiern den Día de la Resistencia Indígena.
Die USA sprechen vom Columbus Day (Día de Colón).

Diese Beispiele werfen die Frage auf, ob der 12. Oktober als Feiertag in Kolumbien wegen discriminación por razon de raza abgeschafft oder umbenannt werden muss. Um diese Frage zu beantworten, muss geklärt werden, wann eine "discriminación" vorliegt.

Nach der Definition der Real Academia Española bedeutet "discriminar":
"Dar trato desigual a una persona o colectividad por motivos raciales, religiosos, políticos, de sexo etc."

http://dle.rae.es/?id=DtHwzw2

Damit übereinstimmend heißt es im oben erwähnten Artikel 13 der kolumbianischen Verfassung, dass der Staat "promoverá las condiciones para que la igualdad sea real y efectiva".

http://www.constitucioncolombia.com/titulo-2/capitulo-1

Daraus ergibt sich, dass Gleichbehandlung geboten und Ungleichbehandlung wie nach Artikel 3 des Grundgesetzes verboten ist.


2.1. Abschaffung des 12. Oktober als Feiertag

Es stellt sich die Frage, ob der 12. Oktober als Feiertag wegen discriminación abgeschafft werden muss, wie es in Kuba geschehen ist.

Aber gerade das Datum des 12. Oktobers weist auf den Kern des Feiertages hin, nämlich die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Hierbei handelt es sich um ein weltgeschichtliches Ereignis, das als große Entdeckung gefeiert werden kann, ohne jemanden zu diskriminieren. Kolumbus spielt in Kolumbien, das nach dem Entdecker benannt ist, eine große Rolle. Sein Name taucht überall und immer wieder auf. Die Entdeckung durch Kolumbus war geradezu eine Zeitenwende. In der Geschichte Kolumbiens wird stets zwischen der präkolumbischen Zeit und der Zeit der Hispanisierung danach unterschieden. Diese Zeitenwende zu feiern, richtet sich gegen niemanden. Die Indígenas sind von den Vergünstigungen des Feiertags nicht ausgeschlossen. Sie können ihn wie jeder andere Kolumbianer in Anspruch nehmen. Sie können ihn ebenso gut negieren und sich von jeglichen Feierlichkeiten fernhalten. Sie haben durch den Feiertag keine wirtschaftlichen Nachteile. Er dient nicht dem Zweck, die Indígenas, die eigene Rechte haben, zu hispanisieren.


2.2. Eigener Feiertag für Indígenas

Eine verbotene Ungleichbehandlung könnte allerdings darin bestehen, dass die Ankunft der Spanier und die sich anschließende Hispanisierung Kolumbiens gefeiert wird, die Leistungen der Indígenas jedoch nicht mit einem Feiertag gewürdigt werden. Daraus könnte sich die Forderung nach einem eigenen staatlichen Feiertag der Indígenas ergeben.

Ob der Staat einen Feiertag gewährt und damit vielen Arbeitnehmern einen arbeitsfreien Tag beschert, hat erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Mit der Schaffung eines Feiertags greift der Staat unter anderem in die Arbeitsbedingungen ein, die grundsätzlich von den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern zu regeln sind. Deshalb ist staatliche Zurückhaltung geboten.

Etwa zwei Drittel der kolumbianischen landesweiten Feiertage haben christlichen Charakter. Das liegt daran, dass die kolumbianische Bevölkerung zu etwa 90 % katholisch ist und das Land prägt. Deshalb sind für die Anhänger anderer Religionen, wie z.B Juden oder Muslime, keine besonderen Feiertage vorgesehen.
Die Indígenas machen gemäß dem Censo General 2005 nur 3,43% der Bevölkerung aus.

https://www.dane.gov.co/files/censo2005 ... nacion.pdf ,Seite 37

Deshalb können die Indígenas aufgrund ihrer Minderheit nicht die Einführung eines landesweiten Feiertags verlangen. Wohl sollten ihnen in den von ihnen bewohnten Gebieten Feiertage mit begrenztem regionalen Geltungsbereich zugestanden werden.

2.3. Umbenennung des Día de la Raza

Oben wurde unter Nr. 1 bereits dargelegt, dass die bloße Verwendung des Wortes "raza" nicht zu beanstanden ist. Es könnte jedoch sein, dass die Bezeichnung des Feiertages insgesamt eine unerlaubte discriminación darstellt, zumal andere Länder den Tag umbenannt haben.

Wenn der Tag "Día" oder "Fiesta de la Raza Española" hieße, wie es 1914 der Fall war, läge eine einseitige Bevorzugung der spanischen Rasse vor. Das widerspräche der kolumbianischen Verfassung, weil andere Rassen ausgegrenzt wären. Die seit dem Gesetz von 1939 verwendete Bezeichnung "Día de la Raza y la Hispanidad" erwähnt jedoch keine bestimmte Rasse und weist auf die Hispanität Kolumbiens hin, die eine Folge der Entdeckung durch Kolumbus am 12. Oktober 1492 ist. Diese Hispanität prägt die Bevölkerung Lateinamerikas. Sie reicht von Kalifornien bis zur Südspitze Amerikas und verleiht den Ländern Lateinamerikas eine besondere Identität. Dies ist ein Umstand, der über eine einzelne Rasse weit hinausgeht und somit keine Rasse unzumutbar benachteiligt oder herabsetzt.

Allerdings ist entscheidend, wie der 12. Oktober in Kolumbien gefeiert wird. Würde er so gefeiert, dass die spanische Rasse als der indigenen überlegen und bevorzugt erschiene, wäre dies eine verbotene discriminación. Dafür habe ich jedoch keine Anhaltspunkte.
Vielmehr spricht das staatliche Statistikamt DANE in seinem Bericht vom Mai 2007 unter dem Titel "Colombia una nación multicultural, su diversidad étnica" davon, dass Inklusion und Mediation der ethnischen Bevölkerungsteile fortgesetzt werden sollen. Eingangs der Presentación heißt es:

"El 12 de octubre de 1492, con la llegada de Colón a tierras de América, se
abrieron las puertas a una de las transformaciones culturales más grandes en
la historia de la humanidad: la mezcla de las culturas amerindias, residentes
siglos atrás en el suelo americano, con la recién llegada cultura hispánica, ya de
por sí un híbrido de moros, gitanos, y pueblos íberos, y, posteriormente, con los
africanos traídos como esclavos para trabajar en las plantaciones de caña de
azúcar y en la extracción de minerales. Colombia fue uno de los países más
influidos por este hecho histórico, por ser la puerta de entrada de América del
Sur."

https://www.dane.gov.co/files/censo2005 ... nacion.pdf


Die Mischung der Kulturen in Kolumbien wird als Resultat der Entdeckung Amerikas beschrieben. Dabei wird keine der Ethnien - der Begriff „Rasse“ wird vermieden - als vorrangig oder minderwertig bezeichnet.

Daraus folgt: Wird der 12. Oktober als Tag aller Rassen multikulturell gefeiert, liegt darin keine discriminación einer bestimmten Rasse. Eine Umbenennung des "Día de la Raza y la Hispanidad" ist von Verfassung wegen nicht geboten.

3. Ergebnis

Der 12. Oktober darf in Kolumbien weiter als "Día de la Raza y la Hispanidad" oder landläufig abgekürzt als "Día de la Raza" bezeichnet und gefeiert werden. Der Staat muss allerdings darauf achten, dass bei den Feierlichkeiten keine bestimmten Bevölkerungsteile bevorzugt oder benachteiligt werden. Nur dann hat er gemäß Título 2, Capítulo1, Artículo 13 der Verfassung dafür gesorgt, dass "la igualdad sea real y efectiva".

4. Anmerkung

Sachbezogene Kritik ist erwünscht.
Der zu Grunde gelegte Sachverhalt beruht auf dem Eintrag in
https://es.wikipedia.org/wiki/D%C3%ADa_de_la_Raza , Stichwort "Día de la Raza".

[Marco]

Wenn der kolumbianische Staat den Tag der - spanischen (!) - Rasse als Feiertag installiert hat, koennte man allerdings verlangen, dass der kolumbianischge Staat - gerade zur Vermeidung einer Herabsetzung anderer Rassen - auch Feiertage fuer die anderen Rassen, die in Kolumbien leben, installiert, vor allem also fuer die Indiander und fuer die Schwarzen.

Wieso eigentlich gibt der kolumbianische Staat diesen beiden Rassen keinen eigenen Feiertag? Liegt da - anders als du es offenbar sehen willst, Gado - nicht sogar eine grosse Diskrimkinierung? Zaehlen die Indianer und die Schwarzen nichts in Kolumbien?

[Refajo]

[Marco]

[Marco]

[cosmopolita]

Interesant zu lesen was den "Menschen" so alles unterscheiden soll, wie ist das dann denn mit den Roten Khmer die in den siebziger Jahren bis zu zwei Millionen ihrer Landsleute grausamst dahingemetzelt hat ?
Wie ist es mit den schwarzen in Ruanda wo bis zu einer Million brutalst umgebracht wurden ?
Sind Stalin und Hitler bzw. deren Schlächter an der obersten Stelle ?
Was ist mit dem Jugoslawienkrieg, noch nicht so lange her....., über 8000 junge unbewaffnete Männer wie Hunde erschossen...
Demographisch hat sich in den letzten Jahrzehnten vor allem in Europa sehr viel bewegt, wer weiß schon wie es in hundert Jahren aussehen wird , für mich ist allein das Wesen und der Charakter eines Menschen ausschlaggebend.

[Marco]

[cosmopolita]

Ein kolumbianisches Lied in dem auch die Rasse vorkommt

https://www.youtube.com/watch?v=9IJXX6I ... uO&index=8

[Marco]

[Marco]

ich habe heute diese Verkaeufer, von denen ich sprach, einmal gefragt, ob ich sie fotografieren duerfe. Sie hatten keine Einwaende.

Uebrigens hatte ich mit meiner Vermutung, es seien Peruaner, falsch gelegen. Es sind kolumbianische Indianer; sie kommen aus einem Gebiet nahe Santa Marta.