Um einen kranken Mann zu transportieren, wurde telefonisch ein Taxi gerufen. Als der Taxifahrer den Mann sah, der “totalmente desmayado“ war, fuhr er davon und riet, die Bomberos zu rufen. Ein Nachbar transportierte den Kranken mit seinem Auto. Der Patient starb allerdings noch vor der Ankunft im Krankenhaus. Die Behörden ermitteln nun gegen den Taxifahrer wegen unterlassener Hilfeleistung (omisión de socorro).
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Es ist richtig, dass gegen den Taxifahrer nur wegen unterlassener Hilfeleistung und nicht wegen eines Tötungsdelikts ermittelt wird. Denn es steht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kranke überlebt hätte, wenn der Taxifahrer ihn zum Krankenhaus gefahren hätte.
Artikel 131 des kolumbianischen Código Penal lautet wie folgt.
Omisión de socorro
El que omitiere, sin justa causa, auxiliar a una persona cuya vida o salud se encontrare en grave peligro, incurrirá en prisión de treinta y dos (32) a setenta y dos (72) meses.
http://leyes.co/codigo_penal/131.htm
Der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung ist nur erfüllt, wenn die Hilfe “sin justa causa“, also ohne berechtigten Grund verweigert wurde.
Als berechtigten Grund könnte der Taxifahrer anführen, dass ein Nachbar zur Verfügung gestanden habe, um den Kranken zu transportieren. Nach dem geschilderten Sachverhalt wusste der Taxifahrer aber nicht, dass diese Möglichkeit bestand, sodass ihn dieser Umstand nicht entlastet.
Als Strafverteidiger des Taxifahrers würde ich Folgendes vortragen:
Der Taxifahrer hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Bomberos verständigt werden sollten. Denn diese hätten dafür sorgen können, dass ein Transport stattfindet, der dem Zustand des Patienten angemessen war. In einem solchen Fahrzeug hätten gegebenenfalls Maßnahmen der ersten Hilfe einschließlich Wiederbelebung stattfinden können. Dass ein Transport im normalen PKW das Leben des bewusstlosen Patienten nicht retten konnte, hat die Fahrt im PKW des Nachbarn gezeigt.