von Gado » 19 Jan 2014, 08:00
Die Fragen, die der Reporter aufwirft, sind richtig und wichtig. Allerdings sind sie nicht neu. Die Sache ist auch nicht so mysteriös und geheimnisvoll, wie die Reportage glauben machen will.
Der Reporter ist der Meinung, die Banken, die sich verspekuliert haben, hätten Insolvenz anmelden sollen. Dann hätten die Privatanleger der Banken den Verlust zu tragen gehabt. Es sei ein Fehler gewesen, den Banken und damit den Privatanlegern Geld zu geben, das der Steuerzahler aufbringen müsse.
Diese rein marktwirtschaftlich ausgerichtete Auffassung wurde und wird auch in Deutschland vor allem vom Leiter des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Herrn Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, vertreten. Ihm wurde entgegengehalten, seine Betrachtung sei rechts-konservativ-national und lasse jede Solidarität für den Euro-Raum vermissen. Man müsse für den Erhalt der Euro-Zone auch Opfer bringen. Später hat sich die neu gegründete Partei Alternative für Deutschland (AfD) den Austritt zumindest einzelner Staaten aus der Euro-Zone auf die Fahne geschrieben.
Die Politik hat sich seinerzeit mehrheitlich gegen die Verkleinerung der Euro-Zone und für die staatliche Bankenrettung entschieden. Man befürchtete Ansteckungsgefahren für die Banken und den Euro, wenn systemrelevante Geldinstitute insolvent würden (too big to fail). Ich erinnere mich an eine später veröffentlichte Berechnung des ifo-Instituts, wonach die Risiken für Deutschland bei jeder der Alternativen etwa gleich groß seien.
Der Reporter ist der Meinung, die Politik hätte beweisen müssen, dass ihr Modell der Bankenrettung besser sei als das rein marktwirtschaftliche, bei dem die Banken insolvent geworden wären. Hier verwechselt der Reporter etwas: Ein Gericht entscheidet anhand von Beweisen, die Politik anhand von Prognosen.
Die Dokumentation behandelt die Bankenrettung in Irland und Spanien. Griechenland, das Auslöser der Euro-Krise war, wird mit keinem Wort erwähnt. Das liegt vielleicht daran, dass die finanziellen Risiken, die mit Griechenland verbunden sind, vergleichsweise gering sind.
Der Reporter sagt dann, dass in Zypern die Anleger, so wie es seiner Meinung entspricht, zur Kasse gebeten worden seien, zwar auch mit Fehlern, aber immerhin. Dies zeigt , dass die Politik lernfähig ist und einen pragmatischen Kurs jenseits von volkswirtschaftlichen Ideologien verfolgt. Deshalb werden die systemrelevanten Banken in Zukunft schärfer kontrolliert. Sie müssen mehr Eigenkapital vorhalten. Richtig an der Dokumentation ist sicher, dass man vor wichtigen Entscheidungen mehr Informationen wird einholen müssen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bemängelt, dass in der Vergangenheit Entscheidungen am Parlament vorbei oder im Parlament unter unverhältnismäßigem Zeitdruck getroffen wurden.
Insgesamt ist die Dokumentation - sicher ungewollt - Wasser auf die Mühlen der eher rechtspopulistischen AfD.