Den vorliegenden Faden habe ich erst heute entdeckt. Die Aufregung über die Äußerung von Bundesfinanzminister Schäuble habe ich von Anfang an nicht verstanden.
Refajo formuliert in der Überschrift, Schäuble habe Putin mit Hitler verglichen. Gegen das Vergleichen von Politikern ist nichts einzuwenden. In Wirklichkeit will Refajo aber zum Ausdruck bringen, Schäuble habe Putin mit Hitler gleichgesetzt. Ein derartige generelle Gleichsetzung hat Schäuble laut verlinktem Artikel aber nicht ausgesprochen. Vielmehr heißt es in dem Artikel, dass Schäuble Parallelen zwischen der heutigen Lage der Ukraine mit der 1938 von Nazi-Deutschland teilweise annektierten Tschechoslowakei sehe. Schäuble warne, Putin könne in der Ukraine so vorgehen wie Hitler in der Tschechoslowakei.
Schäuble wird unter anderem mit den Worten zitiert: „Das kennen wir alles aus der Geschichte. Solche Methoden hat schon Hitler im Sudetenland übernommen und vieles andere mehr.“
Diese Aussage Schäubles ist sachlich richtig. Sie vergleicht Putins Methode in der Ukraine mit derjenigen Hitlers im Sudetenland. Klugerweise hat Schäuble keine Parallele zwischen der Methode Putins und derjenigen Stalins und seiner Nachfolger in der Sowjetunion beispielsweise beim Aufstand des 17. Juni 1953 in der DDR, beim Einmarsch in Ungarn und beim Einmarsch in der Tschechoslowakei zur Beendigung des sog. Prager Frühlings gezogen. Mit derartigen Vergleichen hätte Schäuble die Gefühle der Russen unnötig verletzt, indem er meine beispielhaft erwähnten Aktionen zur Sowjetzeit kritisiert hätte. Stattdessen hat Schäuble auf die von Deutschland herbeigeführte Sudetenkrise abgestellt, damit die deutsche Schuld anerkannt und sie dann zum Maßstab seiner parallelen Betrachtung gemacht. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Schäuble seine Äußerung vor einer Schulklasse gemacht hat. Dort sind plastische Vergleiche eher angebracht als im diplomatischen Verkehr.