heine hat geschrieben:war die Bürgermeisterin "befugt", diese zum Himmel stinkende Mauschelei zu genehmigen?
Als ich meinen Beitrag vom 23.09.2019 verfasste, ging ich irrtümlich davon aus, dass das Motorrad von einer hinter dem Einwanderungshelfer stehenden anerkannten Organisation finanziert worden sei. Deshalb schenkte ich dem Tatbestandsmerkmal „im Rahmen ihrer Befugnisse“ keine besondere Beachtung. Weil der deutsche Einwanderungshelfer das Motorrad aber aus eigener Tasche bezahlt hat, weist heine zu Recht auf die Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals hin.
Wie das Tatbestandsmerkmal „im Rahmen ihrer Befugnisse“ zu verstehen ist, ist juristisch umstritten. Deshalb hat Leven dieser Problematik eine Dissertation unter dem Thema „Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung“ gewidmet.
zu finden über Google-Suche: § 331 abs. 3 stgb im rahmen ihrer befugnisse, dann unter Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung
https://books.google.de>books
Aus Levens Ausführungen ergibt sich Folgendes:
Ob die Behörde „im Rahmen ihrer Befugnisse“ genehmigen darf, richtet sich nach dem jeweiligen Dienstrecht (Leven, Rn. 21, 23). Was das Dienstrecht für Kommunalbehörden in Paraguay bezüglich der Genehmigung von Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung bestimmt, wissen wir nicht. Enthält es wie in den deutschen Beamtengesetzen keine Regelung, liegt die Entscheidung im Ermessen der zuständigen Behörde (Leven, Rn. 23). Die Behörde überschreitet ihren Ermessensspielraum, wenn die Genehmigung das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unkäuflichkeit von Diensthandlungen und in die Sachlichkeit der Entscheidungen des Vorteilsnehmers verletzt (Leven, Rn. 22). Dies wäre nach deutschen Maßstäben im vorliegenden Fall anzunehmen. Ob in Paraguay unter Berücksichtigung der Sozialadäquanz andere Maßstäbe gelten, muss offen bleiben.
Selbst wenn man eine Dienstrechtsverletzung seitens der Bürgermeisterin annähme, könnte sie sich im „Rahmen der Befugnisse“ im Sinne der §§ 331 Abs. 3 und 333 Abs. 3 StGB gehalten haben. Denn nach dem Standardkommentar zum StGB von Fischer hat der Strafrichter nur die Grenzen der Genehmigungsbefugnis zu kontrollieren, nicht aber, ob das verwaltungsmäßige Ermessen innerhalb dieser Grenzen pflichtgemäß ausgeübt wurde (Leven, Fußnote 38). Danach wären Einwanderungshelfer und Polizist straffrei, wenn die Bürgermeisterin grundsätzlich zur Erteilung der Genehmigung befugt war, ohne dass es darauf ankäme, ob die Bürgermeisterin pflichtgemäß entschieden hat, dass die Polizei das Motorrad bekommen durfte.
Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung sind nur strafbar, wenn sie vorsätzlich begangen wurden. Als Strafverteidiger der Beschuldigten würde ich geltend machen, dass mein Mandant das Recht nicht besser zu kennen braucht als die Bürgermeisterin, die der Kommunalbehörde vorsteht. Damit würde ich den Vorsatz meines Mandanten verneinen.
Im Ergebnis lässt sich also bezüglich der Vorteilsannahme sagen, dass § 331 Abs. 3 StGB ein spezifisch ausgestalteter Rechtfertigungsgrund zugunsten desjenigen Amtsträgers ist, der sich einen Vorteil versprechen lässt oder annimmt. Fehler der Genehmigungsbehörde können dem Amtsträger nicht angelastet werden.
http://www.rodorf.de/03_stgb/bt_26.htmsiehe Nr. 02 § 331 StGB 2. Absatz
Gleiches gilt für die Vorteilsgewährung nach § 333 StGB.