Anspruch auf lebensnotwendiges Medikament

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Anspruch auf lebensnotwendiges Medikament

Beitragvon Gado » 17 Nov 2021, 11:50

Ein 12-jähriges Kind leidet unter der Duchenne-Muskeldystrophie, einer seltenen Krankheit mit einem fortschreitenden und schnellen Muskelschwund, der zu körperlicher Behinderung und vorzeitigem Tod führt. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag, zur Behandlung das Medikament Ataluren nach Kolumbien einzuführen, ab. Laut Antragsteller hat das Instituto Roosevelt - eine Universitäts-Kinderklinik in Bogotá - festgestellt, dass das Medikament den Krankheitsverlauf verlangsamt und zu mehr Lebensqualität führt. Die Behörde verwies demgegenüber darauf, Ataluren befinde sich nicht in der für solche Fälle vorgesehenen amtlichen Liste. Für die Wirksamkeit des Medikaments gebe es keine wissenschaftliche Evidenz.

Der Verfassungsgerichtshof hat dem Begehren des Antragstellers Recht gegeben. Die Behörde habe die Diagnose und den spezifischen Gesundheitszustand des Antragstellers ignoriert und in widersprüchlicher und unzutreffender Weise allgemeine und kontextlose Gründe in Bezug auf gesundheitliche Situationen angeführt, die nichts mit der Situation des Kindes zu tun hätten. Dies bewirke eine Verzögerung bei der Genehmigung der Einfuhr und der tatsächlichen Lieferung des Arzneimittels, um das Fortschreiten der behindernden Auswirkungen der ruinösen Krankheit einzudämmen.

https://www.corteconstitucional.gov.co/ ... -edad-9197

Der Verfassungsgerichtshof hat sich nicht mit der Frage befasst, ob das Medikament tatsächlich hilfreich wäre - die Einschätzung des Instituto Roosevelt spricht dafür. Er hat dem Begehren des Antragstellers Recht gegeben, weil die Behörde das Begehren auf den konkreten Einzelfall bezogen, mangelhaft geprüft hat und dem Kind eine weitere Verzögerung nicht zumutbar war. Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, dass in Zukunft alle Kinder, die an der Duchenne-Muskeldystrophie leiden, automatisch einen Anspruch auf die Behandlung mit Ataluren haben.

In Deutschland muss die Krankenkasse die Kosten für ein nicht zugelassenes Arzneimittel nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts übernehmen, wenn es sich um die Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung handelt, für die keine andere Behandlung verfügbar ist und auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Off-Label-Use
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